Thinkathon – ein Lauf der Ideen // «Roboter als Unterstützung im Alter – was denkst Du dazu?»
Werden Roboter das Pflegepersonal ersetzen? Oder bleibt ihr Einsatz auf die Unterstützung beschränkt? Wie reagieren Betroffene auf die Vorstellung der Pflege durch einen Roboter? Wie weit ist die Technologie bereits und wo wird sie eingesetzt? – Diesen und weiteren Fragen sind wir am 23. Februar 2020 nachgegangen und haben im Auftrag der “Alten Anatomie - Forum für Medizin & Gesellschaft” sowie der Stiftung für Humanwissenschaftliche Grundlagenforschung mit über 80 Teilnehmenden aus der Zivilbevölkerung einen “Thinkathon” durchgeführt.
Am 23. Februar 2020 führte die «Alte Anatomie – Forum für Medizin & Gesellschaft» einen Thinkathon zum Thema «Roboter als Unterstützung im Alter» durch. Der Thinkathon ist ein innovatives partizipatives Format, in dessen Rahmen Teams von interessierten Laien Lösungen zu einer oder mehreren konkreten Fragestellungen im Themenbereich erarbeiten und sich gegenseitig sowie einer Jury präsentieren (Video).
Robotik im Alter bewegt die Gemüter - das stellte der Thinkathon eindrücklich unter Beweis: Obschon Sonntagmorgen, fanden sich die zahlreich erschienen Teilnehmenden - allem voran Laien, die beispielsweise als Freiwillige oder als pflegende Angehörige an der Thematik interessiert sind - bei bester Stimmung im Zürcher Hochschulgebiet ein. Diese Stimmung wurde in einem ersten Schritt weiter angeregt durch die Einlage eines Improvisationstheaters, das die Anwesenden eintauchen liess in Fallstricke von Situationen, wie sie beim Einsatz von Robotern zur Unterstützung im Alter tatsächlich auftreten können. Auch in der Folge konnten die Teilnehmenden, aufgeteilt auf spontan und möglichst divers zusammengesetzte Teams, die Präsenz der Theaterschaffenden ausnützen. In den jeweiligen Gruppen konnten sie mit jeweils einem Mitglied der Theatergruppe eine Minisequenz spielen und so in die Rolle betroffener Menschen hineinschlüpfen und die Auswirkung der Präsenz eines Roboters hautnah nachempfinden. So stand der Vormittag des Events, während dem eine Vielfalt von Methoden zum Einsatz kam ganz im Zeichen des Ziels, die Thematik und die damit verbundenen Probleme zu verstehen und die unterschiedlichen Einschätzungen der Teilnehmenden kennenzulernen.
Was die Roboter bis jetzt können, beziehungsweise nicht können
Über Mittag hatten die Teilnehmenden Gelegenheiten, sich mit Expertinnen und Experten aus der Welt der Roboter auszutauschen, Fragen zu stellen und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Diese präsentierten nach dem Mittagessen dem gebannt lauschenden Publikum, wozu ihre Roboter - anwesend waren Pepper, Nao und Paro - schon fähig sind, aber auch was sie (noch) nicht können. Im Saal war die Faszination dafür, was mittels Algorithmen alles möglich ist, bei diesem Showcase mit Händen zu greifen.
Wie können wir Einsamkeit für Betagte durch Robotik lindern?
Zurück in den Gruppen machten sich die Teilnehmenden daran, mit den neuen Erkenntnissen eine Problemstellung zu definieren, mit der sie sich am Nachmittag auseinandersetzen wollten. „Wie können wir Einsamkeit für Betagte durch Robotik lindern?“ ist nur eine der 10 Fragen, welche die Teams erarbeiteten und zu denen sie teils wilde Lösungsansätze entwickelten. Zur gemeinsam festgelegten Fragestellung mussten die Teams daraufhin in einer knappen Stunde einen möglichst einfach funktionierenden Prototypen für ihren Lösungsansatz erstellen. Der Kreativität waren dabei keine Grenzen gesetzt: Von einfachem Bastelmaterial, über Duplosteine, bis zu einer Theatereinlage war es den Teilnehmenden freigestellt, wie sie ihre Idee visualisieren wollen.
Zum Abschluss des Tages waren die Teams schliesslich aufgefordert, der Jury und den anderen Gruppen ihre Fragestellungen und dazu gehörigen Lösungsansätze der letzten sieben Stunden in einem Kurzpitch vorzustellen. Während sich die einen für eine Theatereinlage als Roboter verkleideten, inszenierten andere einen Duploroboter, der Betroffenen bei der Medikamenteneinnahme helfen soll. Allesamt waren die Ideen nicht nur kreativ, sondern wiesen auf konkrete Hoffnungen und Herausforderungen hin, die es mit Blick auf den vermehrten Einsatz von Robotern zur Unterstützung im Alter zu beachten gilt. Darauf verwies auch die Jury in ihrer abschliessenden Prämierung - für die sie sich, beeindruckt von der Qualität aller Pitches, nicht auf eine Idee festlegen konnte, sondern deren zwei als Gewinner erkor.
Fehlende kritische Haltung oder Gedanken des Fachkräftemangels?
Bei den Präsentationen der Teams fiel auf, dass alle Teams überwiegend positive Szenarien ausgemalt hatten und Schattenseiten oder gar mögliche dystopische Entwicklungen eher am Rand thematisiert wurden. Dies mag Beleg dafür sein, dass die vertiefte Auseinandersetzung mit der Thematik unbegründete Ängste bezüglich der Robotik eher abzubauen vermag, als dass diese verstärkt würden. Womöglich stehen die hohen Erwartungen an Roboter als Unterstützerinnen und Assistenten, die in zahlreichen Präsentationen zum Ausdruck kamen, aber auch in Zusammenhang mit realen Befürchtungen, welche die Teilnehmenden mit Blick auf Defizite des heutigen Versorgungssystems und angesichts der zunehmenden Ressourcenknappheit im Alter hegen. Zweifellos belegte der Thinkathon den Wert des Einbezugs der Bevölkerung in die unverzichtbare Debatte über die Rahmenbedingungen einer weiteren Verbreitung von Robotern zur Unterstützung im Alter. Partizipative Formate wie der Thinkathon sind für diese Debatte eine lohnenswerte Zutat.